Swiss Association for the Study of the Liver (SASL)
Schweizerische Expertengruppe für Virale Hepatitis (SEVHEP)
Schweizerische Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (SGGH)
Fachgesellschaft der Schweizerischen FMH Gastroenterologen (FAGAS)
Eidgenössische Kommission für AIDS-Fragen (EKAF), Subkommissionen Klinik (SKK) und Serologie/Immunologie/Virologie (SIV)

Empfehlungen zur Therapie der Chronischen Hepatitis C



(SASL Newsletter No 4 August 2000 S 3-6)
 

1. Vorbemerkung

Die Therapie der Hepatitis C entwickelt sich rasch weiter. Seit unserer letzten Publikation sind mehrere Jahre vergangen, eine Überarbeitung drängte sich auf. Die folgenden Therapie-Empfehlungen tragen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung. Der behandelnde Arzt tut aber gut daran, vor Therapiebeginn die Verfügbarkeit der Medikamente und deren Kostendeckung abzuklären.
Die SASL, und die Hepatologischen Zentren der Schweiz stehen für entsprechende Auskünfte gerne zur Verfügung.
2. Hintergrund
Die Infektion mit dem Hepatitis C Virus (HCV) ist langfristig mit einer signifikanten Morbidität und Mortalität assoziiert (Niederau 1998); 80% der Infektionen verlaufen chronisch (Seef 1998); die chronische Hepatitis C beeinträchtigt die Lebensqualität (Foster 1998); innert 20 Jahren entwickeln 15% der chronisch HCV Infizierten eine Leberzirrhose (Seef 1998); ist eine Zirrhose etabliert, dekompensieren 20% innert 5 Jahren mit Oesophagusvarizenblutung, Aszites, Ikterus und/oder Enzephalopathie,1-4% entwickeln jährlich ein hepatozelluläres Karzinom und 10% sterben innert 5 Jahren an ihrer Lebererkrankung (Fattovich 1997, Serfaty 1998). Die Therapie der Hepatitis C hat zum Ziel, diese HCV-assoziierte Morbidität und Mortalität zu vermindern/zu verhindern.
3. Indikationen/Kontraindikationen
3.1. Die Therapie der chronischen Hepatitis C mit Interferon-alfa und Ribavirin ist indiziert, wenn alle der folgenden Punkte erfüllt sind:
  • Chronizität: erhöhte Transaminasen (>1.5-fache obere Norm) anlässlich von mindestens 2 Messungen innert >6 Monaten
  • HCV-Replikation: Nachweis von HCV-RNA im Serum mittels RT-PCR (oder "branched" DNA)
  • Hepatitis: Leberbiopsie (falls keine Kontraindikatonen) mit entzündlichem Infiltrat und fibrotischen Veränderungen

  •  
    3.2. Die Therapie der chronischen Hepatitis C mit Interferon-alfa und Ribavirin ist nicht indiziert, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:
  • Persistierend normale Transaminasen
  • Chronischer HCV-Infekt mit histologisch normalem Befund oder minimalen entzündlichen Veränderungen und fehlender Fibrose
  • Schwere angeborene oder erworbene Abwehrschwäche (bzgl. HIV-Infektion vgl. Punkt 6).
  • 3.3. Die Therapie der chronischen Hepatitis C mit Interferon-alfa und Ribavirin ist kontraindiziert, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:
      4. Therapie-Schema
       
        Neben dem HCV Genotypen 1 (4,5, und 6) sind folgende Faktoren ungünstig für ein Therapie-Ansprechen: fortgeschrittenes Fibrose-Stadium in der Leberbiopsie (d.h. mehr als portale Fibrose), hohe Virämie (>2 Mio Kopien/ml; hängt aber von der Nachweismethode ab!), Alter über 40 Jahre und männliches Geschlecht. Beim Vorliegen mehrerer ungünstiger Fakoren kann auch beim Genotyp 2 oder 3 Infkt eine 12-monatige Therapiedauer gerechtfertigt sein.
     
    Genotyp 1 (4, 5, 6)
    Genotyp 2 oder 3
    Behandlungs-naive
    Interferon-alfa1 und Ribavirin2 für 6 Monate, falls HCV-RNA PCR nach 6 Monaten neg.: Fortsetzung für insgesamt 12 Monate
    Interferon-alfa1 und Ribavirin2 für 6 Monate
    Dauerhafte Ansprechrate3
    ~30%
    ~60%
    Interferon-Relapser
    Interferon-alfa1 und Ribavirin2 für 6 Monate 
    Interferon-alfa1 und Ribavirin2 für 6 Monate 
    Dauerhafte Ansprechrate4
    ~50%
    Non-Responder
    Keine Therapie ausserhalb kontrollierter Studien
    Keine Therapie ausserhalb kontrollierter Studien
    Dauerhafte Ansprechrate5
    ~10%
    1. 3x3 Mio E sc pro Woche
    2. Körpergewicht <75 kg: 1000 mg po tgl. (2 Tbl à 200 mg morgens, 3 Tbl à200 mg abends);
        Körpergewicht >75 kg: 1200 mg po tgl. (3 Tbl à 200 mg morgens, 3 Tbl à 200 mg abends)
    3. Poynard et al. Lancet 1998; MacHutchison et al. New Engl J Med 1998
    4. Davis et al. New Engl J Med 1999
    5. Schalm et al. J Hepatol 26: 961-966, 1997; Andreone et al. J Hepatol 30: 788-793, 1999
    Minimale Untersuchung vor Therapiebeginn: Klinische Untersuchung; HC-Virämie (quantitative HCV-RNA Bestimmung), HCV-Genotypisierung, Transaminasen (AST, ALT), alkalische Phosphatase, Bilirubin, Quick, Albumin; Ausschluss anderer klinisch relevanter Erkrankungen (inkl. konkomittierender Leberkrankheiten und Schilddrüsenerkrankungen); weisses und rotes Blutbild, Thrombozyten. Leberbiopsie zur Bestätigung der Diagnose, resp. zum histologischen Staging und Grading <12 Monaten vor Therapiebeginn. Ausschluss einer Schwangerschaft und Information bzgl. Notwendigkeit einer konsequenten Empfängnisverhütung für Frau und Mann während und bis 6 Monate nach Therapie.

    Minimale Ueberberwachung während/nach Therapie: Klinische Untersuchung, sowie Hb, Leukozyten, Thrombozyten und Transaminasen während der ersten 2 Monate 14-täglich, dann monatlich bis zum Therapieende. Kontrolle der HC-Virämie 6 Monate nach Therapiebeginn, bei Therapie-Ende, sowie 6 Monate nach Therapieende.


    5. Unerwünschte Wirkungen

    5.1. Interferon-alpha

    5.2. Ribavirin
    5.3. Kombination Interferon-alpha und Ribavirin
    Unter der Kombinationstherapie sind insbesondere folgende Nebenwirkungen häufiger als unter einer Monotherapie mit Interferon-alpha: Dyspnoe, Pharyngitis, Juckreiz, Hautausschlag, Nausea, Schlafstörungen und Inappetenz (Poynard Lancet 1998, McHutchison New Engl J Med 1998). Wegen Nebenwirkungen mussten in den erwähnten grossen Studien bei ~25% der Patienten die Dosis reduziert oder die Behandlung definitiv abgebrochen werden.
     
    6. HIV/HCV Koinfektion
    Bei stabiler HIV-Infektion ohne ausgeprägte Immunschwäche (CD4 >200 Zellen/mm3) gelten für die Behandlung der chronischen Hepatitis C auch bei Patienten mit einer HIV-Koinfektion grundsätzlich die oben erwähnten Indikationen/Kontraindikationen. Potentiellen Interaktionen zwischen Ribavirin und RT-Inhibitoren aus der Nukleosidanalogagruppe ist Rechnung zu tragen. Die Therapie-Indikation muss in Zusammenarbeit mit einem Spezialisten in der Behandlung der HIV-Infektion und einem Hepatologen gestellt werden Eine Leberbiopsie kann kontraindiziert sein.
      7. Besonderes
    Bei besonderen Fällen (z.B. gleichzeitig vorhandenener Lebererkrankungen andere Aetiologie oder bei akuter Hepatitis C), welche nicht explizit durch diese Empfehlungen geregelt werden, oder bei allen Unklarheiten geben die SASL oder die hepatologischen Zentren der Schweiz gerne Auskunft.